ÖkEsFo Nummer 8 - 2. Jahrgang - Dezember / 1992
In der "neuen Stadt" wird es viele Sprachen geben:
In der privaten Atmosphäre der Häuser und Zimmer, die
für die Nationen und Regionen stehen, werden die vertrauten Nationalsprachen
und Dialekte gesprochen.
Auf den Straßen und dem Marktplatz wird ein buntes Gemisch von
Sprachen zu hören sein. Und weil es für eine Stadt gut ist, wenn
sich alle ihre Mitbürger untereinander verständigen können,
sollen sie eine gemeinsame Sprache haben, die ihnen zumindest dann
hilft, wenn keine andere Sprache zur Verfügung steht.
Diese Sprache der Straßen und Plätze sollte teilweise einen
anderen Charakter haben als die der Häuser und Zimmer:
Sie sollte neutral sein, also nicht einem Haus mehr gehören als
einem andern.
Sie sollet leicht erlernbar sein, denn sie wird zusätzlich gelernt
zur Sprache des eigenen Hauses und zu den Sprachen von Nachbarn oder Freunden.
Sie sollte ausdrucksstark sein. denn sie soll die Bewohner der Stadt
eng und tief verbinden.
Für diese Anforderungen bietet sich eine in der Praxis bewährte
Lösung an:
Esperanto als Zweitsprache für alle.
Natürlich soll und kann Esperanto die andern Sprachen nicht ersetzen.
Esperanto soll nur das leisten, was die Sprachen der Einheiten nicht leisten
können: Um es mit einem Begriff der katholischen Soziallehre zu verbinden:
Die neue Stadt braucht sprachliche Subsidiarität.
(Zum Thema des Karlsruher Katholikentags "Eine neue Stadt ersteht -
Europa bauen in der Einen Welt, verfaßt von Michael Könen)
Esperanto auf dem Evang. Kirchentag in München 9.- 12. Juni 1993
Die Kirchentagsleitung hat der christlichen Esperanto-Arbeit einen Platz
im "Markt der Möglichkeiten" eingeräumt. Adolf Burkhardt nahm
als Vertreter für KELI, das diesmal federführend ist, im Oktober
an dem konstituierenden Markttreffen in Lauterbach/Hessen teil. Die in
der Unter-gruppe "Ökumene" beteiligten Institutionen und Gruppen schlossen
sich dort zu einer Kooperation unter dem Namen "Ökumenisches Dorf"
zusammen. Wenn Sie uns beim Kirchentag suchen, steuern Sie also bitte dieses
Dorf im Marktbereich I an. Mit der Una Sancta München, der Arbeitsgemein-schaft
Christlicher Kirchen, der Ökumenischen Centrale in Frankfurt und andern
sind wir in bester Gesellschaft. Weitere Aktivitäten sind geplant.
Wir werden unsre Leser auf dem Laufenden halten. So wie in Karlsruhe
IKUE, KELI und Deutsche Esperanto-Jugend zusammengearbeitet haben, wird
es auch in München sein -anders ginge es überhaupt nicht.
(Specialan alvokon mi direktas al la membroj de la germana KELI-sekcio.
La kunlaborantoj ja faras kaj faros ion pro idealismo, do senpage.
Tamen la kostoj por la stando kun ties enhavo estos konsiderindaj. Per
komuna forto-strecxo ni povos kovri la kostojn, se unualoke vi, sed
komprebeble ankaux iu alia bonvola amiko de nia afero, cxu en aux
ekster unu el la kristanaj organizajxoj, finance kontribuas. Sendu vian
subtenon kun indiko "Kirchentag München" al la kaso de la germana
KELI,
Sonderkonto Esperanto, Astrid Hanke,
Postgiro Hamburg 1092 04-206 (BLZ 20010020). Anticipan dankon!
80 Jahre Neues Testament in Esperanto
80 Jahre Londoner Esperanto-Gottesdienst
Im Jahr 1912 erschien bei der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft
in London die erste Ausgabe des Neuen Testaments. Im selben Jahr wurde,
am 13. Oktober 1912, mit monatlichen Gottes diensten in Esperanto begonnen,
eine Tradition, die in London bis heute fortgesetzt wird. Aus Anlaß
des Doppeljubiläums wurde Pfarrer Adolf Burkhardt von der englischen
Landesabteilung des christlichen Esperanto-Bundes eingeladen, beim Festgottesdienst
in der Methodistenkirche in der Hinde Street die Predigt zu halten. Dabei
sang der Londoner Esperanto-Chor geistliche Lieder aus England, Frankreich
und Schweden, aber auch zwei original auf Esperanto verfaßte Liedtexte.
Deren Autor W.J.Downes war als Professor für Hebräisch und Altes
Testament und als Mitglied der Esperanto-Sprachakademie bei der Britischen
und Ausländischen Bibelgesellschaft für die Esperanto- Bibel
verantwortlich. Sein Geburtstag vor 100 Jahren stellte ein weiteres Jubiläum
dar.
Am Vorabend hielt Burkhardt beim Londoner Esperanto-Klub, dessen Vorsitzender
der Lehrstuhlinhaber für englische Phonetik an der Universität
London ist, einen Vortrag über internationale Erfahrungen als Simultandolmetscher
für Englisch und Deutsch - natürlich auf Esperanto. Und er war
auch dabei, als englische Esperanto-Freunde - vermutlich mit wenig Aussicht
auf Erfolg -vor dem Gebäude des BBC mit Spruchbändern für
die Berücksichtigung des Esperanto im Sendeprogramm des britischen
Rundfunks demonstrierten und in Begleitung von drei Polizisten und Polizistinnen
bei leichtem Nieselregen zum Oxford Circus zogen - offenbar ein alljährliches
Ritual im Londoner Herbst. Ob das die wirksamste Art ist, für eine
Alternative zu der heute üblichen und mit allen Mitteln forcierten
weltweiten Vorherrschaft einer einzelnen Nationalsprache einzutreten, darf
allerdings bezweifelt werden. Aber daß dies von Engländern gemacht
wird, ist immerhin bemerkenswert.
Die Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg, Wintererstr.
1, DW-7800 Freiburg, veranstaltet vom 26.-28.3.
1993 in Villingen/Schwarzwald in Zusammenarbeit mit der IKUE-Freiburg
eine Tagung als Auftakt unserer Serie Ost und West : Mitte Europas, ein
Beitrag zur Begegnung zweier Welten. Dabei spricht der polnische Esperantist
Dr. Forycki über "Wege der Versöhnung : Perspektiven deutsch-polnischer
Begegnungen". Die Diskussion ist in Esperanto und Deutsch. Ebenso die Gespräche
mit Dr. Forycki am Samstagvormittag. Weitere prominente Redner des Wochenendes
sind Erzbischof Miloslav Vlk, Prag, (Das neue Haus Europa) und der Innenminister
des Landes Sachsen, Walter Eggert (Beginn einer notwendigen Versöhnung
- Dreiländerecke CSR - D - PL). Die Veranstaltung steht unter der
Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten
Erwin Teufel.
Vom 1.- 8. Juli 1993 im Kloster Gostyn/Polen, ca. 100 km östlich
von Frankfurt/Oder. Thema im Rahmen der Serie Ost und West : Mitte Europas
(siehe oben) als Beitrag zur Begegnung zweier Welten, mit Gottesdiensten
und geistlichen Impulsen. Tagungssprachen: Esperanto und Deutsch. Teilnahme
auch möglich vom 4.- 8.7. Sehr günstige Preise, insbesondere
für Ehepaare und Familien, auch wenn nur ein Teil am Programm teilnimmt.
Informationen: B.Eichkorn (Adresse siehe Impressum).
Kurznachrichten
Prag. Dreißig Jahre lang stand Patriarch Dr. Miroslav Novak an der Spitze der Tschechoslowakisch-Hussitischen Kirche, bis er mit 84 Jahren das Amt in jüngere Hände übergab. Dreimal war er während seiner Amtszeit wiedergewählt worden. Dr. Novak spricht Esperanto (mit charmanten Einsprengseln von klassischem Latein) und ist Mitglied des Internationalen Christlichen Esperanto-Bundes (KELI).
Basel. Das Schlußdokument der ökumenischen Versammlung von Basel für Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung, das auch nach Seoul nicht überholt ist, wurde in seiner Esperanto- Fassung ("Paco kun justeco") vor allem in Polen, Bulgarien, Ungarn und Schweden verbreitet, stieß aber auch bei vielen andern, so bei einem russischen Wissenschaftler, auf Interesse. Es ist bei der Versandanschrift in Villingen weiter erhältlich.
"Espero Katolika", die internationale Mitgliederzeitschrift von IKUE, ist in das neue Verzeichnis "Katholische Presse in Europa" aufgenommen worden. Obwohl sich die Zeitung an eine internationale Leserschaft wendet, muß sie, so erklärt Theo Hell, Sekretär der UCIP (Union Catholique Internationale de la Presse), Region Europa mit Sitz in Bonn, in einer nationalen Sparte geführt werden (Italien), da es sonst zur Zeit keine weiteren Zeitungen gibt, die an der Aufnahme in eine neu zu schaffende internationale Sparte interessiert wären.
Ort und Zeit stehen nun fest: KELI und IKUE bereiten eine gemeinsame
Woche vor vom 17.- 24.7.1993 in Südfrankreich, in der Nähe
von Montélimar, auf der andern Seite des Rhônetals, südlich
von Valence. Venu!
Wie in der Septerbernummer gemeldet, hat sich der 8. ökumenische
Esperanto-Kongreß im vergangenen Sommer im ungarischen Velence mit
einer von allen 120 Teilnehmern aus 17 Ländern gemeinsam getragenen
Entschließung an die Stadt Kaunas in Litauen gewandt und dringend
gebeten, die in der Stalinzeit beschlagnahmten Gebäude der Evang.-
Lutherischen Kirche zurückzugeben, worum die Gemeinde seit der Wende
vor zweieinhalb Jahren vergeblich gebeten hatte.
Nun hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 8. Oktober die neue Eingabe
beraten. Die Entschließung von Velence spielte dabei eine wichtige
Rolle, zeigte sie doch, daß es internationales Interesse an einer
Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verhältnissen gibt. Nach kontroverser
Diskussion wurde dann von der Mehrheit der Beschluß gefaßt,
die Dreieinigkeitskirche und die Sakristei zurückzugeben.
Die Gemeinde ist darüber hoch erfreut, wenn es auch nur ein erster
Schritt ist: Sie erwartet auch die Rückgabe der übrigen Gebäude,
die inzwischen von der Universität von Vilnius benutzt und beansprucht
werden.
Herr Mambra war mein Gastgeber. Und ich war typisch afrikanisch empfangen
worden, mit bestem Essen und dem besten Zimmer... Ich hatte ja schon viele
Kontakte mit Afrikanern, bisher aber immer als Arbeitstreffen. Hier nun
war eine Gruppe von jungen Menschen. Kaum einer hatte die Möglichkeit
zu studieren. Keiner sprach Englisch. Aber sie diskutierten über Weltpolitik
in der internationalen Sprache Esperanto. In dieser Sprache korespondieren
sie mit Menschen in der ganzen Welt. Aus MONATO 1 wissen sie Bescheid über
andere Kulturen und Le-bensarten, über Politik, Umweltverschmutzung,
Entwicklungshilfe, usw. ... Ich bin ganz gewöhnlichen, einfachen und
armen Dorfbewohnern mit Ideen von Weltbürgern begegnet. Jetzt erst
begreife ich, was Esperanto für eine Bedeutung hat.
Mein Gastgeber, Herr Mrambra, ist ein junger Vater mit vier Töchtern.
Die UNESKO hatte ihn zu einer Europareise eingeladen. Und dabei hat er
sich eine Nähmaschine erworben. Seither ist Herr Mambra selbständiger
Unternehmer. Er näht Schulanzüge. Tanzania ist ein armes Land.
Wenn jemand etwas verdient, hängt die ganze Familie daran. Und das
sind Eltern und Großeltern, Brüder und Schwestern, Schwäger
und Schwägerinnen mit Kind und Kegel. So ist Herr Mrambra im Dorf
ein angesehener Mann.
Ich fragte Herrn Mrambra über seine Erfahrungen in Europa. Obwohl
ihm die Reise Spaß gemacht hat, und obwohl er viel gesehen und gelernt
hat, möchte er nicht in Europa wohnen. Das europäische Familienleben
ist für ihn etwas ganz Komisches: Da wohnen alte Leute in Heimen;
junge Leute ziehen daheim aus; manche Leute wollen keine Kinder, usw. Schockiert
war er über das europäische Gejammer wegen Geld und Löhnen.
Das versteht er nicht, denn diese Europäer haben doch alles: Sie essen
drei Mal am Tag (und wie!); sie wohnen in guten Häusern aus Stein
mit Wasser und Elektrizität; sie sind prächtig gekleidet; alle
Kinder können Schulen besuchen und sogar die Universität, wenn
sie nur wollen; sind sie krank, dann gibt es Ärzte, Krankenhäuser,
Spezialisten. Ja sie bekommen sogar Geld, wenn sie nicht arbeiten können.
Für Herrn Mambra klingt das alles wie ein nie erreichbares Paradies.
Und trotzdem, die Europäer jammern ... Was wollen sie denn noch?
Herr Mrambra empfängt gerne Besuch aus fremden Ländern.
Lieve Jacqes
Ich halte das Informationsblatt für ein begrüßenswertes
Unternehmen und bin daran interessiert. Was mir überhaupt nicht behagt,
ist die AKÜ-Sprache, meines Erachtens signifikantes Kennzeichen diktatorischer
Regime unseligen Angedenkens. ÖkEsFo est "horribile dictum"!
Dr. G. Noske, Wolfratshausen
Wir haben so viele Briefe erhalten, daß wir leider nicht alle hier abdrucken können. Danke für alle Ermunterung.