ÖkEsFo Nummer 6 -  2. Jahrgang  -  Juni / 1992


Einen herzlichen Gruß

allen Besuchern des Katholikentages Karlsruhe 1992. Das Ökumenische Esperanto-Forum wird auf dem Esperanto-Stand in der Stadthalle dabei sein. Ob wir uns persönlich wiedersehen oder kennen lernen? Wir, die Verantwortlichen für ÖkEsFo würden uns sehr freuen.

Adolf Burkhardt, Pastor i.R. in Weilheim
Bernhard Eichkorn, Pfarrer in St. Fidelis, Villingen
Esperanto offiziell in der Diözese Speyer

Durch Einsatz unseres Lesers Pfarrer Kronenberger ist nun auch in der Diözese Speyer die Katholische Internationale Esperanto-Liga IKUE als diözesaner Verein offiziell vom Diözesanbischof anerkannt. Nach der Erzdiözese Freiburg/Breisgau ist dies nun die zweite deutsche Diözese, in der die Katholische Internationale Esperanto-Liga IKUE die offizielle Anerkennung gefunden hat.

Pfarrer Kronenberger übernahm die Idee in Friedrichshafen/Bodensee im Herbst 1992 von der Freiburger Vereinigung. Er konnte die Satzung der Katholische Internationale Esperanto-Liga IKUE in der Erzdiözese Freiburg verwenden, die vom Erzbischof von Freiburg/Breisgau in Absprache mit der Deutschen Bischofskonferenz anerkannt worden war.

Kurz entschlossen wurde zu einer Meßfeier im Dom zu Speyer eingelden. Nach dem Gottedienst unterzeichneten die Teilnehmer die vorbereitete Satzung Katholische Internationale Esperanto-Liga IKUE in der Diözese Speyer. Al 1. Vorsitzender stellte sich Studiendirektor i.R. Helmut Rößler zur Verfügung; zum Diözesanpräses wurde Pfarrer Kronenberger gewählt. Auf die offizielle Anerkennung brauchte man nach den Freiburger Vorarbeiten nicht lange zu warten. Die Mitglieder tragen die Esperanto-Arbeit entsprechen ihren örtlichen Möglichkeiten mit. Wir wünschen der Diözesanarbeitsgemeinschaft Speyer ein gutes Gelingen ihrer Arbeit für Esperanto in der Kirche.


Warum offizielle Anerkennung in den Diözesen?

Aus einem Brief von Leo Tolstoi

"In jedem Fall sind die Opfer, welche jedermann unserer europäischen Welt bringt, indem er einige Zeit dem Erlernen der Esperanto-Sprache widmet, so gering und die Erfolge so ungeheuer, daß man diesen Versuch nicht unterlassen kann. Ich dachte immer, daß keine christliche Wissenschaft existiere als das Wissen von Sprachen - dieses Wissen, welches die Möglichkeit gibt, den größten Teil der Menschen zu vereinigen und zu verbinden. Ich sah oft, wie Menschen sich feindlich gegeneinander verhielten nur dank dem mechanischen Hindernis der gegenseitigen Verständigung. Und darum ist das Lernen und Verbreiten der Esperanto-Sprache eine unzweifelhaft christliche Sache, welche den Glauben an die göttliche Regierung befördert, diese Sache, welche die hauptsächlichste und alleinige Bestimmung des menschlichen Lebens ist.        27. April 1894
 (aus "Ludovikologia Dokumentaro" Band 6, S.347f. Kioto 1992) 


Vatikan gibt IKUE seine Anerkennung

Seitdem Papst Pius X im Jahre 1910 erklärte, Esperanto sei "ein bedeutendes Mittel, um die Katholiken aus aller Welt zu verbinden", hat die Internationale Katholische Esperanto-Vereinigung IKUE von seiten der Kirche immer wieder Zuspruch und Ermunterung gefunden. Aber erst jetzt, mit Dekret vom 11. Februar 1992, hat der Pontifikalrat für die Laien IKUE offiziell nach kanonischem Recht als juristische Person anerkannt, 82 Jahre nach ihrer Gründung.
 Das Dekret würdigt ausdrücklich die Ziele der IKUE, "durch Verwendung der internationalen Sprache die Einheit der Kirche zu zeigen" sowie "zur Völkerverständigung, zur Brüderlichkeit und zum Frieden in der Welt beizutragen". Der Vorsitzende des Pontifikalrats für die Laien, der argentinische Kardinal Eduardo Pironio, versprach bei der Übergabe des Dekrets an die IKUE-Leitung, selbst Esperanto zu lernen und auch seine Mitarbeiter in der Sprache unterrichten zu lassen.

U. Matthias nach EK 92/1-2 
Jahr mit der Bibel

 1992 wurde von den Kirchen in Deutschland als "Jahr mit der Bibel" ausgerufen. Eine Fülle von Veranstaltungen und Veröffentlichungen sind die Folge - ein Versuch, das Buch der Bücher neu ins Bewußtsein zu holen.
 Die Bibel spielt auch in der Esperanto-Literatur eine gewichtige Rolle. Kein anderes Esperanto-Buch (abgesehen von Lehr- und Unterichtswerken) hat ähnlich hohe Auflagen erlebt wie die Bibel.
Das Neue Testament liegt seit 1912 vor, die Vollbibel seit 1926. Das ganze Alte Testament ist das Werk von L.L. Zamenhof, der schon in seiner ersten Broschüre 1887 eine kleine Leseprobe aus dem ersten Kapitel der Bibel in der damals ganz jungen Sprache veröffentlichte. Mit einem feierlichen Gottesdienst in der St. Giles- Kathedrale in Edinburgh wurde dann das von der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft London/Edinburgh verlegte Buch der Öffentlichkeit übergeben. Heute ist es David Featherstone, englisches KELI-Vorstandsmitglied, der den Kontakt zu der Bibelgesellschaft hält und die Neuauflagen betreut. Gedruckt wird nicht mehr in England, sondern in Hongkong.
  Die Evang. Kirchengemeinde Pfäffingen bei Tübingen veranstaltete zum Jahr mit der Bibel Gemeindewochen "Mehr als ein Buch". Am 13.2. war der Referent Pfarrer Burkhardt mit dem Thema "Die Esperanto-Bibel in der Welt - die internationale Sprache im Dienst des Evangeliums". Er konnte dabei auf langjährige Erfahrungen in vielen Ländern zurückgreifen.
  Man mag einwenden, bei der großen Zahl von vorhandenen Bibelübersetzungen in alle erdenklichen Sprachen sei die Esperanto-Bibel eigentlich überflüssig. Aber seit sich Christen auf der Brücke der Esperanto-Sprache begegnen, haben sie nichts dringender gewünscht als eine eigene Bibel zu haben. Gemeinsame Bibelarbeiten bei Konferenzen, Gottesdienste anläßlich von Kongressen und Tagungen, Zeitschriftenartikel mit biblischen Zitaten - all das wäre kaum denkbar, würde jeder jedesmal aus seiner eigenen Übersetzung weiterübersetzen. Die Esperanto-Bibel ist deshalb von Anfang an aus dem Urtext erarbeitet worden - das Alte Testament von dem Autor der Esperanto-Sprache selbst, das Neue Testament von einer Arbeitgruppe von englischen Theologen. 


Lieder- und Liturgiebücher

Gottesdienste in der internationalen Sprache waren der erste Anlaß, Lieder zu übersetzen. Nach vielen kleineren Heften erschien 1971, hergestellt vom Hänssler-Verlag Stuttgart-Neuhausen, das offizielle KELI- Gesangbuch "Adoru Kantante" (=Lobt Gott mit Singen). Es enthält 262 Titel mit vierstimmigem Notensatz. Den Kanon zum Buchtitel komponierte Hermann Stern. In der Folge erschienen 10 weitere Hefte mit zusammen 163 meist neueren Liedern unter dem Titel "Tero kaj cxielo kantu". In England gibt es zwei Sammlungen "Himnaro Esperanta" und "Esperanta Himnaro", allerdings nur teilweise mit Noten. Luthers Kleiner Katechismus mit dem Augsburgischen Bekenntnis liegt in einer Übersetzung des schlesischen Pfarrers Richard Hoppe vor; den Heidelberger Katechismus übersetzte W.J.Downes, einst Professor für Hebräisch und Altes Testament am Western College der Universität Bristol. Den Text des Meßbuchs und des Lektionars für Sonn- und Feiertage in Esperanto approbierte die Kongregation für den Gottesdienst und die Disziplin der Sakramente mit Dekret vom 8. November 1990. KELI und IKUE haben damit im Laufe der Zeit alle Materialien bereitgestellt, die es auch weniger Geübten erlauben, evangelische, katholische und ökumenische Gottesdienste in angemessener Form zu gestalten. 


Ökumenischer Kongreß

In der letzten Juliwoche, vom 18.-25. Juli 1992 treffen sich in Velence, auf halbem Weg zwischen Plattensee und Budapest gelegen, esperantokundige Christen aus vielen Ländern und Kirchen in Ost und West, beim 8. Ökumenischen Esperanto-.Kongreß. Eine große Gruppe von Polen hat ihre Teilnahme angekündigt, ebenso
zahlreiche Rumänen. Diese lassen sich es oft sehr viel kosten, eine Woche lang die Gemeinschaft erleben zu können, die entsteht, wenn Christen miteinander singen und beten, lachen und tanzen, diskutieren und spielen - ohne die viel zitierten Hände und Füße zu Hilfe zu nehmen, wenn es um die sprachliche Verständigung geht. Es ist dringend zu wünschen, daß sich noch mehr aus dem Westen entschließen und sich auf den Weg machen. Wie kaum einmal zuvor besteht jetzt die Gelegenheit und Notwendigkeit, voneinander zu lernen, aufeinander zu hören und miteinander Schritte in die Zukunft zu überlegen. Wenn da und dort die Rede ist von einer Abkühlung des ökumenischen Klimas oder gar einem Winter, wollen die Leute von IKUE und KELI auf alle Fälle auch weiterhin die Wärme suchen. Die Erfahrungen bei den vorangegangenen Treffen sind so ermutigend, daß ihnen niemand mehr das Rad zurückdrehen kann. 


Ferienillustrierte

Zum 10. Mal gibt die Evangelische Landeskirche in Württemberg ein Heft heraus, das den Sommer über in allen ihren Kirchen  ausliegt "Auf dem Wege - Illustrierte für die Ferienzeit". Das diesjährige Thema "Brücken" hat den verantwortlichen Chefredakteur veranlaßt, eine ganze Seite dem Esperanto zu widmen. Den Text verfaßte Adolf Burkhardt, der in kleinen Episoden von seinen Erlebnissen mit der internationalen Sprache erzählt. Ohne weitere Erklärung ist ein Lied aus der Liedersammlung "Tero kaj cxielo kantu" (= Erd und Himmel sollen singen) abgedruckt. Wer die Noten liest, erkennt, worum es sich handelt "Al Sia tablo vokas Sinjoro Kristo nin" - "Wir sind zum Mahl geladen" von Kurt Rommel. Ein Farbfoto zeigt den Verfasser in Seoul zwischen dem koreanischen Arzt Puramo Chong und dem lutherischen Bischof Ji. Dr. Chong ist Vorstandsmitglied des Internationalen christlichen Esperanto-Bundes KELI, Dr.Ji ist in Korea die treibende Kraft für den Bethel- Bibelstudienkurs.
Wahrscheinlich finden Sie diese Illustrierte im kommenden Sommer auch außerhalb von Württemberg, etwa bei der Urlaubsseelsorge auf Camping-Plätzen. Dann schlagen Sie doch die Seite 29 auf. 


Leserbriefe

"Von der Esperanto-Friedensglocke in Stockum wußte ich seit langem. Ich besitze auch Bild-Postkarten davon. Angeregt durch Ihren Bericht (Nr. 3 Seite 18) habe ich unserem Trierer Bistumsblatt 'Paulinus' einen kleinen Artikel gesandt, der zum Weltfriedenstag dort am 5.1.92 veröffentlicht wurde. Das Honorar von 40 DM, mit dem ich nicht gerechnet hatte, schicke ich als Spende für das Ökumenische Esperanto-Forum.

                         Matthias Peters, Koblenz-Karthause 


Max Josef Metzger, Ökumene-Pionier und Esperantist

Walter Mudrak aus Wien, der in seiner Grazer Zeit den Märtyrerpriester und Ökumene-Pionier Dr. Metzger persönlich kennengelernt hatte, machte die Esperantisten auf diesen Mann aufmerksam lange bevor er im Zusammenhang mit dem Konziliaren Prozeß neben Dietrich Bonhoeffer als einer der beiden Väter dieses Gedankens einer weiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Mit einem eindrucksvollen Vortrag, gehalten in Meitingen in dem von Metzger gegründeten Christ-Königs-Institut, setzte Mudrak beim Ökumenischen Esperanto-Kongreß Augsburg 1985 einen Höhepunkt. Die Teilnehmer aus Ost und West und aus zahlreichen verschiedenen Kirchen begaben sich daraufhin gemeinsam an Metzgers Grab und sangen auf Esperanto "Christ ist erstanden von der Marter alle".
Eine Schrift mit dem Vortrag und weiteren Dokumenten, darunter das Faksimile einer Nummer von "Katolika Mondo" (redaktoro: M.J.Metzger) ist im Armin-Gmeiner-Verlag Meßkirch erschienen: "Max-Josef Metzger, martiro por paco kaj unueco en Kristo, pioniro de ekumenismo, kaj esperantisto". Sie kann über jede Buchhandlung bezogen werden (ISNB 3-926633-09-3. Preis 5.-DM). 


Kia koincido!

Am 19. März 1892 wurde William John Downes geboren. Acht Jahre arbeitete der englische Professor mit Adolf Burkhardt zusammen, um das Esperanto-Gesangbuch "Adoru Kantante" druckreif zu machen. Genau am 100. Geburtstag von W.J.Downes, am 19. März 1992, überreichte der Landrat des Kreises Esslingen im Auftrag des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker an Adolf Burkhardt das Bundesverdienstkreuz in Würdigung seiner Arbeit für und mit Esperanto. Was für ein Zusammentreffen!

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