Woher kommt es, so fragten die Teilnehmer des 40. KELI-Kongresses
in Le Louverain (16.-23. Juli 1990), daß es vielen Christen nicht
schwer fällt, viel über Gottes Wirken in der Bibel und in der
Kirchengeschichte zu nennen, oder aber recht genaue Vorstellungen und Hoffnungen
vom ewigen Leben, einst in der Zukunft, auszubreiten, - daß sie aber
merkwürdig einsilbig werden, wenn es darum geht, klar zu sagen, was
ihnen der ewige Gott jetzt und hier bedeutet. Eine Woche lang kehrten in
vielfältiger Weise die Gedanken immer wieder zu diesem Kongreßthema
zurück - und die Woche selbst war so etwas wie eine Antwort.
Eine Woche lang miteinander leben, beten, singen, reden, dikutieren,
schauen und erleben, ohne Dolmetscher, als Bulgare oder Deutscher, als
Holländer oder Engländer, als Franzose oder Tscheche, als Finne
oder Schwede, als Belgier oder Ungar, als deutscher oder französischer
Schweizer - das macht man am besten selbst mit. Was war am wichtigsten?
Die einen werden an die Hauskapelle denken im Bildungszentrum der Reformierten
Kirche des Kantons Neuchâtel, mit den täglichen Andachten am
Morgen und zum Tagesschluß, mit der ganzen Breite von der Spontaneität
einer bulgarischen Freikirchlerin bis zur strengen Form der gregorianischen
Komplet. Andere werden die Begegnung mit Kultur und Geschichte nennen,
bei der Tagesfahrt nach Romainôtier,dem Besuch in Grandson, oder
der Einkehr in Corcelles mit den Glasfenstern und Wandmalereien von Philippe
Robert in der dortigen Dorfkirche: die Tochter des Künstlers spielte
auf der Orgel Stücke ihres Vaters, die Enkelin machte die Kirchenführung
in tadellosem Esperanto.
Die Presse interessierte sich besonders für ein Forum mit
Augenzeugenberichten über die politische und kirchliche Wende in Ungarn,
Bulgarien, DDR und Tschechoslowakei.
Ein internationaler Chor übte jeden Tag und sang mehrmals
bei Gottesdiensten, in der Stiftskirche in Neuchâtel beim regulären
Sonntagsgottesdienst, in Fleurier beim Abendmahlgottesdienst, gehalten
von den Ortspfarrern Ion Karakash und Marie-Louise Munger.
Aber auch die Geselligkeit kam zu ihrem Recht - Volkstanzen
auf der Terrasse, ein fröhlicher Abschiedsabend mit meist heit eren
Beiträgen quer durch Konfessionen und Nationen,und viele Gespräche
bis in die Nacht hinein. (Der Wortlaut mehrerer Vorträge und Referate
erscheint in DR, die Predigt von Pfarrer Karakash und der offizielle Dankbrief
des KELI-Vorsitzenden an die Kirchenleitung des Kantons Neuchâtel
wurde in französischer Übersetzung in "La Ponteto" wiedergegeben,
in den Mitteilungen der französischen KELI-Abteilung).
In Graz veranstaltete das Büro für Friede und Entwicklung
vom 5.9.-11.11.1990 eine Ausstellung über den Priester Max Josef Metzger,
einem Pionier der Ökumene, der als Kenner des Esperanto diese Sprache
intensiv für seine Friedensarbeit nutzte.
Die Ausstellung zeigte mit reichem Bild- und Textmaterial den
Lebensweg vom Geburtsort Schopfheim/Baden, wo Max Josef Metzger im Jahr
der ersten Esperanto-Veröffentlichung 1887 geboren wurde, bis zu seinem
Märtyrertod unter dem Naziterror 1944. Dazwischen lag seine intensive
Friedensarbeit in Graz nach dem 1.Weltkrieg, dann seine bahnbrechenden
Bemühungen um die Ökumene und eine vielfältige soziale Arbeit,
die in der Gründung des Ordens der Christkönigsgesellschaft Meitingen
bei Augsburg gipfelte.
Die Ausstellung war schon zum 100.Geburtstag Max Josef Metzgers
in seiner Geburtsstadt Schopfheim und dann an mehrern Orten in Süddeutschland
zu sehen. In Graz wurde sie mit einem zweitägigen Symposion am 14./15.9.90
eröffnet. Vorträge, Podiumsgespräch und Arbeitsgruppen mit
namhaften Professoren und Kennern Max Josef Metzgers führten in seine
Gedankenwelt und sein Lebenswerk ein. In den Arbeitsgruppen wurde Metzgers
Bedeutung für heute sichtbar.
Die Ausstellung und das Symposion wurden getragen vom Evangelisch
Bildungswerk, der Esperanto-Gesellschaft Graz, dem Katholischen Bildungswerk,
dem Internationalen Versöhnungsbund, Pax-Christ Steiermark, und der
Pädagogischen Akademie der Diözese Graz-Seckau.
Eine Esperanto-Schrift "Max-Josef Metzger, martiro por paco kaj
unueco en Kristo, pioniro de ekumenismo, kaj esperantisto" ist erschienen
im Armin-Gmeiner-Verlag, Meßkirch, 1987. ISBN 3-926633-09-3 und kann
unter Angabe der ISBN-Nummer in jeder Buchhandlung bestellt werden (5.-DM)
Mons. Patrick Coveney, der irischer Abstammung ist, wurde zum stellvertretenden Nuntius in Äthiopien mit dem Rang eines Erzbischofs ernannt. Er ist lebenslanges Mitglied von IKUE und ausgezeichneter Kenner der internationalen Sprache (EK 7/1990).
Einer der neu ernannten Bischöfe für Rumänien, Mons. György M. Jakubinyi, ist Esperantist. Er wurde Weihbischof von Alba Iulia. Seit 1980 haben 30 Seminaristen bei ihm Esperanto gelernt, von denen 18 inzwischen zu Priestern geweiht wurden. (EK 5/1990)
Im Ceske Budejovice starb Pfarrer Dr. Cyril Horák, Senior der Evang. Brüderkirche in der Tschechoslowakei, ganz plötzlich im Alter von 60 Jahren. Er gehörte zum KELI-Vorstand in der CSFR. Sein Vortrag über Bibel und Frieden, gehalten beim 5. IKUE/KELI- Kongreß in Holland, erschien 1982 in Rom in der Sammlung "En la lumo de la Biblio".
In Bristol starb am 11. August 1990 Guy Tordoff, viele Jahre Redakteur der Quäker-Zeitschrift "Kvakera Esperantisto" und mit KELI freundschaftlich verbunden. Er gab den Anstoß zur Gründung eines informellen internationalen KELI-Chors, der bei Kongressen sich jeweils gleich zu Beginn konstituiert und viel zur geistlichen und geistigen Atmosphäre beiträgt. Aber auch Opern-Aufführungen auf Esperanto regte er an. Auf Kassette gibt es "La piratoj de Penzanco" von Gilbert und Sullivan.
Zwei bedeutende Persönlichkeiten verlor KELI mit dem Tod von Karl-Olof
Sandgren, Gründer und Leiter der evangelischen Esperanto-Schriftenmission
in Schweden, der nach 130 Ländern Kontakte hatte (und der als medizinisches
Wunder von Schweden betrachtet wurde, da er seit 1966 mit einer fremden
Niere lebte), und von Jan van Keulen, mehrere Jahrzehnte Schriftleiter
von Dia Regno. Mit einem von Ihm übersetzen Lied aus dem holländischen
Gesangbuch "Liedboek voor de kerken" gedachte der KELI-Kongreß seiner
Toten.
Der Teckbote berichtet "Esperanto verbindet Ost und West" (Kirchheim u. Teck, 4. Oktober 1990)
"Welche neuen Möglichkeiten gibt es nach der Öffnung
des Ostens für die Zusammenarbeit in Europa?" Mit dieser Thematik
beschäftigte sich das Europäische Esperanto-Forum vergangene
Woche in der polnischen Stadt Bydgoszcz. Mit dabei war als einziger Vertreter
der Bundesrepublik der Bissinger evangelische Pfarrer, Adolf Burkhardt,
Vorsitzender des Christlichen Esperanto-Bundes. "Die Einladung kam für
mich sehr überraschend, doch ich bin froh, daß ich die Mühe
nicht gescheut habe", gesteht der Pfarrer.
Ein Höhepunkt dieser acht Tage in Polen war für ihn
der ökumenische Schlußgottesdienst in der Warschauer St.-Alexander-Kirche,
den der katholische Bischof Miziolek leitete. Der Gottesdienst war in allen
acht Tageszeitungen der polnischen Metropole angekündigt worden unter
dem Motto "Im Vorfeld der Deutschen Vereinigung". Adolf Burkhardt durfte
dabei die Predigt halten - in Esperanto, wie die Liturgie übrigens
auch.
In seiner Predigt sprach der Bissinger Pfarrer über die
Einsetzung der Diakone und die Frage, wie die griechisch spre chenden Juden
in einer hebräischen Gemeinde gerecht versorgt werden können.
In der Apostelgeschichte wurde der Konflikt demokratisch gelöst und
somit ein Weg aus der Konfrontation heraus gefunden. Ein solcher Weg müsse
sich auch zwischen den heutigen Völkern finden lassen. Esperanto wäre
ein Beitrag dazu. Pfarrer Burkhardt übermittelte Grüße
der Evangelischen Kirche und ging auf die Angst der Nachbarn vor einem
geeinten Deutschland ein. Wichtig sei nun nach dem Fallen der Grenzschranken,
daß einer den anderen kennenlerne.
Gerade dazu trug auch das von der polnischen Espe ranto-Organisation
Monda Turismo veranstaltete Forum bei. Es nahmen nämlich nicht nur
Vertreter europäischer Staaten teil. Auch Esperantisten aus Kuba,
Mexiko, Kanada, China Vietnam und des asiatischen Teil der Sowjetunion
waren angereist. "Ich habe einmal mehr erlebt, wie problemlos man in einem
solchen Völkergemisch mit Esperanto zurechtkommt", so die Erfahrung
von Adolf Burkhardt. Oder wie es sein Zimmergenosse, der Moskauer Professor
Lev Medvedev ausdrückte: "Esperanto ist für mich ein intellektuelles
Fest, das mich von den Sprach-Ketten befreit."
Die Hauptfrage während des Forums lautete, soll man jetzt
eine neue Organisation gründen und der europäischen Integration
helfen. Dabei wurde festgestellt, daß in Ost und West 150 aktive
Esperanto-Organisationen arbeiten. So lautete denn auch das Fazit: "Die
sollen sich zusammentun."
Der Esperanto-Weltkongreß findet 1991 in Bergen, Norwegen, statt.
(23. Juli - 03. August 1991). KELI versucht, jeweils in der Woche vorher
und nicht allzu weit entfernt beim Weltkongreß seine eigene Kongreßwoche
zu veranstalten. Für 1991 liegt eine Einladung der schwedischen KELI-Abteilung
vor, und zwar in die Volkshochschule in Jönköping (20. - 27.
Juli).
In derselben Woche kommt die Jugend zum TEJO-Kongreß nach Karlskoga.
Vorsitzende des örtlichen Kongreßausschusses ist ein junges
KELI-MItglied, Camilla Persson.
Das Schlußdokument der Europäischen Ökumenischen Versammlung FRIEDEN UND GERECHTIGKEIT, von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen vom 15.-21. Mai 1989 in Basel, Schweiz, veranstaltet, liegt in einer Esperanto-Fassung vor, die auf lebhaftes Interesse gestoßen ist. Sie ist gegen eine Gebühr von DM 3.- beim Katholischen Pfarramt St. Fidelis in Villingen zu beziehen. (Paco kun Justeco, 37 Seiten, A 5)
Der internationale Christliche Esperanto-Bund (K.E.L.I.)
- zu seinem 40. Kongreß versammelt vom 16. - 23. Juli 1990 in
LE LOUVERAIN, Neuchâtel, Schweiz
- nach Entgegennahme von Informationen über die Lage in der Türkei,
die zur NATO gehört, einer Organisation zur Ver teidigung von Demokratie
und Freiheit, in der jedoch nach Berichten von AMNESTY INTERNATIONAL schwere
Menschenrechtsverletzungen sattfinden,
- in Erwägung der Tatsache, daß die dortige Regierung nach
denselben Quellen Minderheiten durch Gesetze und anderweitig diskriminiert
und unterdrückt,
- nach Kenntnisnahme von dem neuen Gesetz Nr.413 (Kanun Gücünde
Kavarnama), das es Polizei und Armee erlaubt, Menschen ohne Verhör
und Untersuchung zu erschießen,
- appeliert nachdrücklich an Politiker, Kirchenleitungen, auf
dem Gebiet der Menschenrechte Tätigen, Kulturbewegungen, UNESCO, und
nicht zuletzt an die Mitgliedsstaaten der NATO, Tatsachen, Gesetze und
Praktiken zu untersuchen und entsprechend Protest einzulegen, um alle eventuellen
Ungerechtigkeiten gegenüber ethnischen Minderheiten zu stop pen, und
ihnen das Recht auf Gebrauch ihrer Sprache und Bewährung ihrer dörflichen
Kultur und Folklore zu gewähren,
- empfiehlt dringend, daß viele Einzelpersonen sich schriftlich
an ihre eigene Regierung wenden mit der Bitte, Wahrheit und Unwahrheit
genau und gewissenhaft zu untersuchen und die Lieferung von Waffen, Kampfflugzeugen
u.a. vorläufig einzustellen,
- stellt sich mit seinen Gebeten hinter diese Entschließung.
(In dieser Probe-Nummer natürlich fiktiv, in Zukunft aber hoffentlich als Wiedergabe echter Briefe)
"Es war mir nicht bekannt, daß es unter den Esperanto-Freunden auch Christen gibt. Warum hört man von dem, was Sie hier berichten, in der Öffentlichkeit nichts? Ich bin schon gespannt auf die nächste Ausgabe. Nur vier Ausgaben im Jahr scheint mir etwas mager." A.B. in C.
"Ihr Blatt hat mich gewundert. Daß es Esperanto noch gibt! Aber man braucht es doch eigentlich nicht mehr. Die Leute sprechen doch heute überall mehrere Nationalsprachen." D.E. in F.
"Ich habe mein Exemplar meinem Pastor gezeigt. Er ist skeptisch, will aber einige Nachrichten im Gemeindebrief abdrucken. Ich habe ihn dazu ermuntert und ihm gesagt, das sei nicht nur erlaubt, sondern erwünscht." G.H. in I.
"Seit vielen Jahren bin ich IKUE-Mitglied. Regelmäßig höre ich die Esperanto-Sendungen von Radio Vaticana. Aber jetzt bin ich froh, daß ich etwas in deutscher Sprache meinen Bekannten zeigen kann." M.N. in L.
"Über Max Josef Metzger habe ich schon manches gelesen. Manche nennen neben Dietrich Bonhoeffer als einen der beiden Väter des Konziliaren Prozesses. Aber das war mir neu, daß er aktiv Esperanto verwendet und eine katholische Esperanto-Zeitung redigiert hat." M:N: in O.
"Ich kann ziemlich gut Esperanto, aber manchmal tauchen doch Fragen auf. Kann man die hier auch vorbringen? Zum Beispiel lese ich einmal "pastro" - beides heißt nach dem Wörterbuch "Pfarrer". Worin liegt der Unterschied? P.Q. in R.
"In meinem Alter werde ich mich sicher nicht mehr an eine neue Sprache machen. Aber die Idee der sprachlichen Gleichberechtigung finde ich gut - jeder kommt den andern einen Schritt entgegen und erwartet nicht, daß der andere die ganze Strecke selbst zurücklegen wird. Deshalb möchte ich gerne mit Ihnen in Verbindung bleiben und mich gelegentlich auch finan ziell beteiligen." S.T. in U.
"Ich spreche fließend Englisch und kann einigermaßen Französisch. Lesen kann ich fast alle westeuropäischen Sprachen, Dennoch möchte ich die Ergänzung durch Esperanto nicht missen. Ich fühle mich im Umgang mit esperantosprechenden Polen, Ungarn, Bulgaren, Russen, Japanern, Chinesen und Koreanern unvergleichlich viel wohler als mit deren eine Art Englisch radebrechenden Landsleuten. Esperanto ist etwas für Anspruchsvolle! Ich begrüße das Erscheinen von ÖkEsFo als eine Möglichkeit der Einführung in das unbekannte Land des Esperanto und besonders seine christliche Provinz." V.W. in XY.